Sonntag, 22. November 2009

Wenn Männer Händchen halten

Nun hat er es doch getan: Sebastián Piñera, der Prä­si­dent­schafts­kan­di­dat der rech­ten Opposition in Chile, zeigt für ein paar Se­kun­den in einem seiner TV-Spots ein schwules Paar. Einer der beiden Händ­chen hal­ten­den jungen Männer flüstert Piñera etwas ins Ohr, so wie es im sel­ben Clip weitere Repräsentanten ge­sell­schaftlicher Randgruppen tun - eine Mapuche, ein Kind mit Down-Syndrom, ein alter Mann, eine Seh­be­hin­der­te usw. usf. Woraufhin sich der Kandidat (Achtung, Me­ta­pher!) zur de­ren Stimme macht. Im Fall der beiden gays sagt er sinn­ge­mäß: "Unsere Mitmenschen akzeptieren uns schon - jetzt wollen wir, dass uns auch der Staat respektiert."


Drei Männer, zwei Schwule, ein Kandidat (um den Clip zu sehen: Bild anklicken)


Wie soll man diese Geste einschätzen? Einerseits ist es gerade für ei­nen rechten Politiker in Chile ein Wagnis, Schwule als das zu zeigen, was sie sind: ganz normale Menschen. So richtig akzeptiert werden sie nämlich noch lange nicht, und schon gar nicht von den vielen Hardlinern in den eigenen Reihen. Als der Inhalt des Spots vor ein paar Wochen durchgesickert war, hatten Politiker beider rechten Parteien (der ul­tra­ka­tholischen UDI und der eher traditionell-oligarchisch geprägten RN) hef­tig protestiert und zum Teil mit ihrem Ausstieg aus der Piñera-Kampagne gedroht. So betrachtet hat der Kandidat Mut bewiesen. Umgekehrt wird eine Mogelpackung draus: Mag Piñera sich noch so tolerant zeigen - am Ende wird er, wenn er denn regiert, auf Minister und Abgeordnete an­ge­wie­sen sein, denen alles Gleichgeschlechtliche ein Gräuel ist. Was sol­len sich Homosexuelle von einer solchen Regierung versprechen?

Daran, dass Homosexualität irgendwie auch zum Leben gehört, wird sich die Ultrarechte aber gewöhnen müssen, und der Piñera-Spot ist vielleicht ein kleiner Schritt auf dem Weg dahin. Wie auch zu erfahren war, handelt es sich bei einem der beiden schwulen Männer um Luis Larraín Stieb, den Sohn von Luis Larraín Arroyo, Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler an der Universidad Católica und stell­ver­tre­ten­der Leiter des UDI-Thinktanks Libertad y Desarrollo. Das vermeintliche Pro­b­lem tritt also durchaus in den eigenen Reihen auf, und das ist bekanntermaßen auch gut so.

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