Dienstag, 8. Dezember 2009

Private Landschaft

Wer Chiles Landschaften für sich erschließen will, hat zwei ernstzunehmende Gegner: das Privateigentum und die Wildnis.

Die Sache mit dem Eigentum ist einfach: Es gibt in Chile zwar ein Gesetz, das den öffentlichen und kostenlosen Zugang zu allen (Meer-, See- und Fluss-) Stränden garantiert, aber leider kein vergleichbares für Wald und Flur. Wie kostbar die deutschen Wald- und Wegerechte sind, die den Wanderer in seinem Bewegungsdrang weitgehend unbehelligt lassen, wird einem hier bald klar, wenn die Idylle abseits der Straße mal wieder eingezäunt und unzugänglich ist: Privatbesitz, Betreten verboten. Das gilt für kultivierte wie für Brachflächen. Die Furcht vor illegalen Aneignungen spielt dabei in einem Land mit einer extremen Kluft zwischen Arm und Reich eine große Rolle.

Sicher, man kann den Eigentümer fragen, ob er den Durchgang gestattet. Man kann auch einfach durch den Stacheldraht schlüpfen. Mit Konsequenzen, evtl. in Form eines bissigen Hundes, muss man freilich rechnen. Umso lobenswerter sind deshalb öffentliche Initiativen wie der noch unter Präsident Ricardo Lagos ins Leben gerufene Sendero de Chile. Das Projekt, Chile auf seiner gesamten Länge durch einen allgemein zugänglichen Wanderweg zu erschließen, wurde zwar im Hinblick auf die Zweihundertjahrfeier der Republik im kommenden Jahr erdacht, wird aber wohl selbst hundert Jahre für seine Verwirklichung benötigen. Die Arbeitsgruppe der nationalen Tourismusbehörde, die mit dem "Sendero" betraut ist, muss mit wenig Mitteln den Ausbau in ausgewählten Regionen vorantreiben und dabei ständig mit Landbesitzern um die Erteilung von Durchgangsrechten kämpfen.

Und dann die Wildnis: Was jenseits des land- und forstwirtschaftlich genutzten Gebiets liegt, ist, zumindest im regenreichen Süden Chiles, von atemberaubender Undurchdringlichkeit. Dass es in den riesigen Nationalparks oft nur wenige Kilometer Wanderwege gibt, liegt an der mühevollen und langwierigen Arbeit, in der die Waldarbeiter mit Motorsägen Pfade ins Dickicht schneiden, Stege zimmern und hölzerne Treppenstufen in die matschigen Urwaldhänge hauen. Auch hier gilt: Vom Weg abweichen gibt's nicht, weil: geht nicht.


1 Kommentar:

  1. Wie wahr, die fehlenden Wegerechte sind ein riesiges Problem für den Wanderer oder Outdoor-Sportler. Hier ein Blogeintrag zum Thema http://blogs.lasegunda.com/deportes/2009/09/09/chile-el-pais-de-las-montanas.asp
    Vielleicht erklärt das zum Teil die fehlende Wanderfreudigkeit der Chilenen: Wenn man selbst die Felder hinter seinem Haus nicht betreten darf, dann kommt man gar nicht auf den Gedanken, wie schön das Laufen in der freien Natur sein kann.
    Persönlich versuche ich durch die Mitarbeit an der freien Weltkarte Openstreetmap.org zumindest die mir bekannten Zugänge zu dokumentieren, denn Wanderkarten oder detaillierte topographische Karten gibt es höchstens für die Natonalparks. Oder von den Leuten von Trekkingchile: http://www.trekkingchile.com/DE/bk-karten-liste-chile-01.html

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