Montag, 24. August 2009

Can't stand the rain


Macht sich irgendjemand da draußen eigentlich eine Vorstellung davon, was 1039,6 mm Niederschlag sind? Nach viel klingt das ja nicht: Puerto Montt stünde gerade mal einen guten Meter unter Wasser, wenn der bislang in diesem Jahr gefallene Regen nicht abgeflossen bzw. versickert wäre. Aber 1039,6 mm sind schon fast das Doppelte dessen, was in einem ganzen Jahr auf Berlin niedergeht: 581 mm (im Schnitt und in Dahlem). Dabei sind wir hier von der Erfüllung unserer Jahressolls noch weit entfernt, es liegt nach Angaben des chilenischen Wet­ter­dienstes bei 1802,5 mm. Vorstellen kann sich das kaum, wer es nicht erlebt hat.

Konkret heißt es: Es gab noch keinen Tag in diesem August, an dem es nicht ge­reg­net hätte. Das höchste der Gefühle war ein Tag, an dem es nur ein paarmal niesel­te und die Sonne so lange zum Vorschein kam, dass man die Wäsche für ei­ni­ge Stunden auf die Leine hängen konnte. An den restlichen Tagen kann man das nicht, weil sie davon nicht trockener, sonder allenfalls nasser wird. Überhaupt kann man vieles nicht bei diesem endlosen, kalten Dauerregen:

Man kann sich nicht im Haus bewegen, weil immer irgendwo ein Wäscheständer steht.
Man kann die Asche nicht entsorgen, weil der Ofen keine separate Ascheklappe hat und nie ausgehen darf.
Man kann am Wochenende keine Ausflüge unternehmen.
Man kann auch nicht in Ruhe faulenzen, weil die Kinder dringend Auslauf bräuchten.
Man kann nicht Ski fahren, weil die Lifts auf dem Vulkan wegen Regen ge­schlossen sind.
Man den Regen noch nicht einmal filmen - weil die Kamera nass wird.

Erzählen wir unseren Freunden in Santiago vom Regen, bekommen sie leuchtende Augen: Ah, Re­gen, sagen sie, wie romantisch! Für die Menschen in Santiago ist Re­gen eine willkommene Abwechslung, er spült den Staub aus der Luft und ver­ziert die Kordillere mit Schnee. Außerdem regnet es in Santiago nur an ein paar Ta­gen im Jahr. Hier unten ist der Regen keine Erfrischung, er lässt das Gras ver­gil­ben, das Holz faulen, die Straßen in braunen Seen versinken. In der öf­fent­li­chen Bücherei hat man Plastikschalen und Töpfe auf dem Boden verteilt - über­all da, wo es durchs marode Dach tropft ... tropft ... tropft ...

Ein Gutes aber hat dieses Wetter: Man sieht so viele Regenbögen wie nirgendwo sonst. Sobald es ein Sonnenstrahl durch die schwarzgrauen Wolken schafft, spannt sich die bunte Natur-Deko über den Himmel. Bei einer Autobahnfahrt vor ein paar Tagen habe ich zum allerersten Mal das Ende des Regenbogens gesehen. Bzw. den Anfang. Er befand sich an keinem konkreten, geschweige denn ent­fern­ten Ort, sondern im Auge des Be­trach­ters. Beim Fah­ren wan­der­te er einfach mit. Bis es wieder zu regnen anfing.

Nachtrag am 27. 08.: Hier noch ein paar sprechende Bilder aus dem regengeplagten Süden Chiles.

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