Donnerstag, 13. November 2008

Ende eines Superzyklus

Kupferhochofen in Chiles größter staatlicher Mine Chuquicamata (lakerae/flickr)


In der Innenstadt von Santiago versanken die Bürgersteige gestern Abend in Papierschnipseln - die Reste der Proteste, mit denen die Anef, die Vereinigung der chilenischen Staatsangestellten, eine 14,5-prozentige Lohnerhöhung gefordert hatte. Die Demonstrationen fanden vor dem Hin­ter­grund eines zweitägigen Streiks statt, der von der Müllabfuhr bis zum Standesamt praktisch alle kommunalen und staatlichen Dienst­leis­tun­gen lahmlegte. In den kommenden Tagen wird wieder mit Finanzminister Andrés Velasco verhandelt.

Der hat allerdings seit neuestem eine gute Ausrede, um den Zuschlag abzulehnen, der die Einkommen im Vergleich zu November 2007 um real 4,6 Prozent anheben würde: Der Kupferpreis ist, auch dank der welt­weiten Finanzkrise, wieder im Keller.


Dabei hatten die Chilenen noch im Sommer mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass selbst die olympischen Goldmedaillen von Beijing größtenteils aus chilenischem Kupfer bestanden. Der chinesische Boom (nein, nicht bei der Medaillenproduktion) war mitverantwortlich für den bei­spiel­losen Preisauftrieb des Rohstoffs.


Fünf Jahre dauerte der Höhenflug. Im vergangenen April stand das rote Metall bei vier Dollar pro Pound*, Ende Oktober waren es nur noch magere 1,67 Dollar, seitdem schwankt der Weltmarktpreis um diesen Wert. Hatte der chilenische Staat, der über die Codelco noch immer bedeutende Anteile des Kupferbergbaus kontrolliert, in den vergangenen Jahren rund 20 Milliarden US-Dollar aus Kupfergewinnen angespart, dürf­ten die Einnahmen jetzt schnell zusammenschrumpfen - nicht nur ist der Preis gefallen, die Firmen haben als Reaktion auf den Nachfrageverfall auch die Produktion gedrosselt.

Clarin.cl zitiert Codelco-Vorstand Juan Pablo Arellano mit der Aussage, die welt­wei­te Finanzkrise habe einen "Superzyklus abrupt beendet", von dem das Unternehmen und das gesamte Land jahrelang profitiert hätten. Jetzt, so Arellano, "stehen wir wieder vor einer Marktsituation, die wir längst kennen, mit Preisen unter der Zwei-Dollar-Marke".

Für etwas mehr als 1,26 Dollar/Pound sollte sich das Kupfer allerdings schon verkaufen lassen – darauf belaufen sich derzeit die Pro­duk­tions­kos­ten.

* 1 Pound = 454 Gramm

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