Samstag, 14. Februar 2009

Am Ufer des Generals

Spätestens als S. und ich den Kindern das großartige Buch Komet im Mumintal vorlasen - ein Klassiker aus eigenen Kindertagen -, fiel mir ein grober logischer Fehler auf: Mumin und seine Freunde lassen sich auf einem Floß den Fluss entlangtreiben und gelangen so an den Fuß des Gebirges, auf dessen höchstem Gipfel eine Sternwarte stehen soll. Unsinn, dachte ich jetzt, der Fluss fließt doch nicht zum Gebirge hin! Seit wir am General-Carrera-See waren, erscheint mir das Szenario nicht mehr ganz so absurd.

Der wundervolle See mit dem hässlichen Namen hat seinen Ausfluss nämlich just dort, wo ihn riesige Berge voller Gletscher umgeben. Am anderen, östlichen Ende, wo er nach Argentinien hineinreicht und Lago Buenos Aires heißt, schwappt er dagegen an flache Ufer. Von diesem riesigen Süßwasserreservoir - der General Carrera ist mit 1850 km² dreimal so groß wie der Bodensee - haben die Argentinier eher wenig, denn der überschüssige Inhalt landet am Ende im Pazifik.

Faszinierend am General Carrera ist das Farbenspiel, das entsteht, wenn Wolken ihre Schatten auf das durch die Gletscherschmelze türkisfarbene Wasser werfen. Faszinierend sind aber auch die krass unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse, die an seinen Ufern herrschen. Das liegt daran, dass die Andenkordillere, die der See quer durchschneidet, die Feuchtigkeit des Stillen Ozeans abregnen lässt, sodass am Ostufer kaum noch Niederschlag fällt. Hier ist Pampa, eine baumlose Strauchlandschaft, durch die Gruppen von Guanacos und Nandus ziehen. In Chile Chico an der argentinischen Grenze werden Aprikosen-, Kirsch- und Apfelbäume bewässert, mit deren Früchten man die Umgebung beliefert.

In den seenahen Tälern im Westen dagegen wächst dichter kalter Regenwald.
Hier trafen wir ein deutsches Auswandererpaar, er aus Bayern, sie aus Thüringen, die am Fuße des Monte San Valentín eine Pension betreiben. Im Sommer kommen des öfteren Touristen vorbei und werden mit leckerem Hammelbraten bewirtet. Im Winter kommt monatelang niemand, erzählt er uns. Dann hacken sie Holz oder basteln am Haus oder sitzen in der kleinen Küche, die vom Holzofen immer warm ist. Abends lesen sie Romane, am liebsten historische. Manchmal lesen sie sich auch gegenseitig vor: "Damit wir im selben Film sind".

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