Mittwoch, 24. September 2008

Hakenkreuze, damals

Irgendwo in der weiteren Umgebung von Puerto Montt könnte sich Aribert Heim verstecken. Heim alias "Der Schlächter von Mauthausen" alias "Dr. Tod" war SS-Arzt in oberösterreichischen KZ Mauthausen, führte dort grausame Ex­pe­ri­men­te an Häftlingen durch, konnte nach Kriegsende noch jahrelang als Gy­nä­ko­lo­ge in Baden-Baden praktizieren und tauchte schließlich 1962 unter. Seit­dem ist ihm das Simon-Wiesenthal-Zentrum auf der Spur. Der heute 94-Jährige (so er denn noch lebt) gilt mittlerweile als meistgesuchter NS-Verbrecher. Eine Delegation des Wie­sen­thal-Zentrums war Mitte des Jahres hier unterwegs, um im Rahmen einer "Ope­ra­tion Letzte Chance" Heim ausfindig zu machen - freilich ohne Erfolg. Ein be­deu­ten­des Indiz dafür, dass Dr. Tod sich irgendwo zwischen dem chilenischen Seen­ge­biet und dem argentinischen Bariloche aufhält, ist seine Tochter - sie lebt seit vielen Jahren in Puerto Montt.

Dass viele Nazis sich nach dem Krieg im Süden Chiles und Argentiniens nie­der­lie­ßen, ist kein Geheimnis - und wenn man Notizen wie die folgende liest, auch kein Wunder.


Unser der Lokalhistorie verpflichtetes Blättchen El Llanquihue bildete kürzlich ein Fo­to ab, das am 20.4.1939 bei einem Festakt im Deutschen Verein von Puerto Montt entstand. Dazu zitiert es aus einem Artikel der Zeitschrift Ercilla vom 5. Mai 1939, den dieses Bild illustrierte:

20. April. Hitler wird 50 Jahre alt, und man könnte Puerto Montt für eine beliebige deutsche Stadt halten. Die Hakenkreuzfahnen wehen im Wind, im Deutschen Verein leert man mit fröhlichem Lärmen die Maßkrüge. Schätzungsweise 95 Prozent der Deutschstämmigen in Puerto Montt sind Mitglied der NSDAP oder sympathisieren mit ihrer Politik.

Den Deutschen Verein gibt es noch immer, freilich ohne Hakenkreuze. Über die braune Vergangenheit der deutschen Kolonie wird nicht gesprochen - jedenfalls nicht öffentlich. Zu vermuten, zumindest aber zu befürchten ist, dass die mentale Entnazifizierung, die in der Bundesrepublik seit den Sechzigerjahren stattgefunden hat, hier mit weniger Enthusiasmus aufgenommen wurde als Füh­rergeburtstage und Polenfeldzüge. Ganz genau weiß man es nicht.

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