Freitag, 4. Juli 2008

Marktlücke

Manche mögen das Thema, dem dieser Beitrag gewidmet ist, für schlüpfrig halten. Dabei geht es um etwas ganz Natürliches: Damenhygiene.

Zugegebenermaßen hätte ich diesen Text nicht ohne diese Steilvorlage verfasst - ein Thread im "Chile-Forum", einem Ort im Internet, an dem sich deutsche Reisende und Auswanderer oder solche, die es werden wollen, über ganz alltägliche Dinge austauschen. Tipps werden gehandelt, welches der beste Campingplatz im Torres-del-Paine-Nationalpark ist, andere suchen gebrauchte Großkücheneinrichtungen, Hallenbäder in Santiago oder einen Praktikumsplatz. Normalerweise geht es hier recht behäbig zu, viel mehr als drei, vier Antworten bekommt ein Beitrag selten. Regelrechte Hektik brach dagegen vor ein paar Tagen aus, als ein Forumsteilnehmer unter der Überschrift "Tampon o.b. in Chile?" die Probleme seiner Frau schilderte, vor Ort besagtes Markenprodukt zu erhalten. Da hatte er offenbar in ein Wespennest gestochen.

Ersatzfoto: Screenshot

Tatsächlich ist es so: Es gibt in Chile keine Tampons der Marke "o.b.", jedenfalls nicht im Laden. Es gibt nur hunderte entnervter Ausländerinnen, die den Komfort dieses Hygieneartikels nicht missen wollen und keine Lust haben, auf ein bisweilen angebotenes Konkurrenzprodukt auszuweichen, das von Europäerinnen erst nach Erlernen einer speziellen Applikationstechnik verwendet werden kann. Diejenigen, denen das Problem bekannt ist, reservieren einen Kubikdezimeter in ihrem Gepäck für die weiß-hellblauen Schachteln, die anderen haben immerhin die Chance, sich bei einem Ausflug nach Argentinien einzudecken - dort gibt es die o.b.s nämlich.

Fragt sich nur, warum die weltweit operierende Firma Johnson&Johnson einen Bogen um Chile macht. Wir vermuten: Das Geschäft lohnt sich nicht. So modern viele chilenische Frauen auch sind, Tampons genießen offenbar keinen guten Ruf. Auch der oben verlinkte Hersteller Tampax wirbt auf seinen Webseiten mit einem Aufklärergestus für sein Produkt, als sei dieses eben erst erfunden, aber noch nicht in der Praxis erprobt worden. Vielleicht spielt bei den potenziellen Kundinnen die Angst vor dem berüchtigten, wenn auch extrem seltenen Toxischen Schock-Syndrom (TSS) eine Rolle, dessen Koinzidenz mit der Verwendung von Tampons freilich nur vermutet wird. Man weiß es nicht.

S. ist in diesem Zusammenhang noch etwas aufgefallen: Damenbinden werden in Chile ausschließlich in winzigen Packungsgrößen verkauft - so als ob die Physiologie der hiesigen Nutzerinnen keine größeren Mengen erforderlich machte. Das könnte ein Relikt aus den gar nicht lange zurückliegenden Zeiten sein, in denen Binden lediglich unter dem Ladentisch von Apotheken bereitgehalten wurden, wo sie die Angestellte noch einmal gesondert in braunes Packpapier einschlug. So verschämt ist man heute nicht mehr in Chile, selbst Kondome hängen inzwischen an der Supermarktkasse, genau wie in Deutschland. Vielleicht ist es ja nur noch eine Frage der Zeit, bis das Internetforum "Tampon o.b. in Chile!" meldet.

1 Kommentar:

  1. Normale o.b. Tampons gibt es inzwischen auch in Chile. Es gibt einen kleinen Anbieter der die o.b. Tampons in Chile zu fairen Preisen anbietet. Neben Tampons findet man dort auch andere deutsche Pflegeprodukte, deutsche Lebensmittel, Buecher und Drogerieartikel etc.

    Deutsche Frauen muessen also nicht verzweifeln. Endlich hat sich jemand dieser Thematik angenommen :-)

    Der Anbeiter heisst Deutschkind. Ich habe die auf Facebook entdeckt. Die haben aber auch eine Internetseite www.deutschkind.com auf der man bestellen kann. Die liefern auch, wenn man nicht direkt in Santiago wohnt :-)

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