Puerto Montt ist nicht eben reich an historischen Gebäuden, ich hatte es an anderer Stelle erwähnt. Und auch das wenige, was an alter Bausubstanz noch vorhanden ist, droht in den kommenden Jahren zu verschwinden.
Manchmal stolpert man zwischen Betonquadern und Wellblechzäunen ganz unverhofft über irgendein Wohnhaus mit jahrzehntealter Patina. Nicht dass es das Zeug für einen Reiseführereintrag hätte, aber es erzählt eine Geschichte - selbst wenn man nicht erfährt, welche. Steht es an exponierter Stelle, sind seine Überlebenschancen schlecht: Seit mehreren Jahren erlebt die Stadt einen regelrechten Bauboom, Immobilienfirmen aus Santiago ziehen innerhalb weniger Monate 15- bis 20-geschossige Wohn- und Geschäftstürme hoch, die Grundstückspreise sollen nirgendwo außerhalb der Hauptstadt so hoch sein wie im Zentrum von Puerto Montt.
Sicher, es gibt den Plan Regulador, einen kürzlich novellierten Masterplan für die schnell wachsende Stadt, aber grundsätzlich hat die Politik wenig in der Hand, um zu verhindern, dass achtzigjährige Veteranen mit Satteldach und Holzfassade Gebäuden weichen, deren Dimensionen die umgebenden Viertel sprengen und deren wahre Schönheit nur erkennt, wer eines der exklusiven Apartments sein eigen nennt und von hoch oben den unverstellten Blick über die Bucht genießt. Vielleicht fehlt auch der Wille.
Urbanalización nennt man in Spanien die fortschreitende Standardisierung der Innenstädte, schrieb vor kurzem ein Kolumnist der Tercera. Längst habe die Urbanalisierung auch Chile erreicht: "Die Spuren der deutschen, britischen, französischen Einwanderer, die koloniale Vergangenheit verschwinden hinter riesigen Leuchtreklamen oder werden gleich demoliert. Ob man heute durch die Innenstädte von Iquique, Talca, Valdivia, Castro oder Antofagasta läuft, es macht kaum einen Unterschied. Überall die gleichen Schilder und Schaufenster wie in Santiago, überall dieselbe Ästhetik, die irgendein Designer in Ohio geschaffen hat."
Auf diesem Bild ist eines der ältesten Gebäude von Puerto Montt zu erkennen, keine Schönheit, aber mit dem Erbauungsjahr 1891 für hiesige Verhältnisse ein Methusalem. Bis vor kurzem beherbergte es eine Sprachenschule, ein studentisches Café und eine traditionsreiche Billardkneipe. Alle drei sind ausgezogen, demnächst wird abgerissen. Das Hochhaus, das an dieser Ecke entsteht (so wird es aussehen), beherbergt dann den regionalen Sitz der chilenischen Baukammer.
Also, das Häuschen mit den sandsteingefassten (?) Fenstern erinnert mich sehr an meine rheinhessische Heimat ...
AntwortenLöschenDie Realität ist freilich so: Das Helle ist Wellblech, die vermeintlichen Sandsteinfassungen sind bemaltes Holz ...
AntwortenLöschen