Freitag, 27. März 2009

Die Clinic der Anderen

Die an anderer Stelle bereits erwähnte Zeitschrift "The Clinic" besitzt in Chile so etwas wie das Monopol auf intelligenten Humor. Der ist meist makaber, nicht selten sexistisch - freilich in alle denkbaren Richtungen -, und übertritt auch schon mal die Grenze (nein, nicht die des guten Geschmacks, die wird aus Prinzip ignoriert), an der es aufhört, witzig zu sein, etwa wenn das körperliche Leiden eines Menschen für einen Kalauer herhalten muss. Aber das sind Einzelfälle, über die man hin­weg­sehen kann bzw. muss, denn alles andere hieße, einmal pro Woche auf meh­re­re Handvoll brutal guter Pointen zu verzichten.

Viele Werbekunden hat "The Clinic" nicht, aber wenn doch einmal jemand eine An­zei­ge schaltet, versucht er oft, diese dem ironischen Kontext anzupassen. So wie jetzt das Goethe-Institut. Über dessen Werbung für Sprachkurse, die einen blonden jungen Menschen mit Pelzmütze und Kopfhörer zeigt (wie sich junge Menschen heute eben so kleiden), hatte ich zuerst schnell hinweggeblättert. Ein Fragezeichen blieb aber doch: Warum El Idioma de los otros? Sind wir Deutschen für einen Chilenen "die Anderen", möglicherweise sogar "ganz Anderen", deren Sprache es zu erlernen gilt? Erst beim zweiten Nachdenken machte es Klick: Die Anzeige ist eine Parodie auf den oskargekrönten Stasi-Film "Das Leben der Anderen", der in Santiago relativ erfolgreich in den Programmkinos lief. Deshalb auch Kachelwand und Resopaltisch.

In Deutschland gäbe es für eine derartige Verharmlosung wahrscheinlich post­wen­dend eine geharnischte Beschwerde von Hubertus Knabe, der ja schon den Film selbst als Geschichtsklitterung verurteilte. Aber Deutschland ist weit weg, und "The Clinic" gibt es da auch nicht zu kaufen.

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