Der Berliner Senat hat, wie ich lese, im Rahmen der Hauptstadtkampagne "be berlin" eine "Freundlichkeitsoffensive" losgetreten. Unter dem Motto "Herz & Schnauze" sollen jetzt Bus- und Taxifahrer, Polizisten und Schrippenverkäufer "noch" liebenswürdiger auftreten, was sich in zufriedeneren Touristen und somit letztlich ökonomisch niederschlagen soll.
Liest man etwa Leserkommentare im Berliner Tagesspiegel, stößt man schnell auf Sätze wie diese:
Lieber bleibe ich mürrisch und echt, als mit falscher Freundlichkeit eine Grinsmaske aufzusetzen. Die "sogenannten" freundlichen Menschen sind sowieso meistens unehrlich und haben was zu verbergen.
Oder:
Mir persönlich ist das Berliner "hart aber herzlich" weitaus lieber als das verlogene Dauerschleimgrinsen à la USA oder der berühmte "Wiener Schmäh". Wenn ich jemanden mag, zeige ich ihm das auch, sollte ich jemanden nicht mögen, darf er das auch merken.
Eine Kollegin aus dem eigenen Heimat-Medium hält derartige Kampagnen aus einem anderen Grund für überflüssig: "Die berühmten Mecker-Berliner scheinen eine aussterbende Spezies zu sein." Das kann sie nicht wirklich ernst meinen.
Nach einem Jahr Amerika (hier: Chile) fragt man sich nämlich schon, was einen geritten hat, die höchst reale Berliner Arschigkeit nicht nur zu tolerieren, sondern mit ganz ähnlichen Argumenten wie den oben zitierten zu rechtfertigen. Mag sein, dass Wendefrust, Hartz vier, Gentrifizierungsdruck und Krise, was auch immer, die Bereitschaft vieler Hauptstädter zu zivilisierter Kommunikation in den vergangenen Jahren immer mehr geschmälert haben. Eine Entschuldigung ist das nicht, ebensowenig wie die Tatsache, dass es um die Freundlichkeit in der deutschen Provinz auch nicht zum Besten bestellt ist.
In Puerto Montt betrete ich derweil mal wieder die Schreibwarenhandlung. Was ich suche, ist nicht auf Lager, aber statt "Hamwa nich" legt die alte Frau am Einpacktresen, mutmaßlich die Ladenbesitzerin, den Kopf zu Seite und flötet: "Nein, mein Schatz, tut mir wirklich leid." Solcher Überschwang mag meinem blonden Haar geschuldet sein, er entspricht auch nicht dem Normalfall. Aber sich eine freche Abfuhr oder auch nur missmutige Blicke einzuhandeln, dazu gehört schon etwas. Man ist hier mehr leise als laut, hilfsbereit im Rahmen des Möglichen und gibt ein Lächeln fast immer zurück. Das kann einem den Tag versüßen. Mit "Dauerschleimgrinsen" hat es nichts zu tun.
Möglicherweise habe ich das Motto "hart statt herzlich" wie viele andere für einen Ausweis von Urbanität gehalten. Als ob die Stadt als komplexe Form des Zusammenlebens nicht von intelligenten, weil geschmeidigen Umgangsformen profitieren würde. Wer am Gegenteil festhält, male sich einmal aus, man übertrüge das Prinzip "ich mag dich nicht, und das darfst du auch gerne merken" auf den eigenen Arbeitsplatz. Na gut, mancherorts mag das auch dort schon gelten.
PS: Dass die "Freundlichkeitsoffensive" irgendeine Wirkung zeigen wird, darf getrost bezweifelt werden.
Liest man etwa Leserkommentare im Berliner Tagesspiegel, stößt man schnell auf Sätze wie diese:
Lieber bleibe ich mürrisch und echt, als mit falscher Freundlichkeit eine Grinsmaske aufzusetzen. Die "sogenannten" freundlichen Menschen sind sowieso meistens unehrlich und haben was zu verbergen.
Oder:
Mir persönlich ist das Berliner "hart aber herzlich" weitaus lieber als das verlogene Dauerschleimgrinsen à la USA oder der berühmte "Wiener Schmäh". Wenn ich jemanden mag, zeige ich ihm das auch, sollte ich jemanden nicht mögen, darf er das auch merken.
Eine Kollegin aus dem eigenen Heimat-Medium hält derartige Kampagnen aus einem anderen Grund für überflüssig: "Die berühmten Mecker-Berliner scheinen eine aussterbende Spezies zu sein." Das kann sie nicht wirklich ernst meinen.
Nach einem Jahr Amerika (hier: Chile) fragt man sich nämlich schon, was einen geritten hat, die höchst reale Berliner Arschigkeit nicht nur zu tolerieren, sondern mit ganz ähnlichen Argumenten wie den oben zitierten zu rechtfertigen. Mag sein, dass Wendefrust, Hartz vier, Gentrifizierungsdruck und Krise, was auch immer, die Bereitschaft vieler Hauptstädter zu zivilisierter Kommunikation in den vergangenen Jahren immer mehr geschmälert haben. Eine Entschuldigung ist das nicht, ebensowenig wie die Tatsache, dass es um die Freundlichkeit in der deutschen Provinz auch nicht zum Besten bestellt ist.
In Puerto Montt betrete ich derweil mal wieder die Schreibwarenhandlung. Was ich suche, ist nicht auf Lager, aber statt "Hamwa nich" legt die alte Frau am Einpacktresen, mutmaßlich die Ladenbesitzerin, den Kopf zu Seite und flötet: "Nein, mein Schatz, tut mir wirklich leid." Solcher Überschwang mag meinem blonden Haar geschuldet sein, er entspricht auch nicht dem Normalfall. Aber sich eine freche Abfuhr oder auch nur missmutige Blicke einzuhandeln, dazu gehört schon etwas. Man ist hier mehr leise als laut, hilfsbereit im Rahmen des Möglichen und gibt ein Lächeln fast immer zurück. Das kann einem den Tag versüßen. Mit "Dauerschleimgrinsen" hat es nichts zu tun.
Möglicherweise habe ich das Motto "hart statt herzlich" wie viele andere für einen Ausweis von Urbanität gehalten. Als ob die Stadt als komplexe Form des Zusammenlebens nicht von intelligenten, weil geschmeidigen Umgangsformen profitieren würde. Wer am Gegenteil festhält, male sich einmal aus, man übertrüge das Prinzip "ich mag dich nicht, und das darfst du auch gerne merken" auf den eigenen Arbeitsplatz. Na gut, mancherorts mag das auch dort schon gelten.
PS: Dass die "Freundlichkeitsoffensive" irgendeine Wirkung zeigen wird, darf getrost bezweifelt werden.
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