Mittwoch, 18. März 2009

Good cop, bad cop

In Puerto Montt sitzen seit ein paar Tagen drei Polizisten in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft prüft eine Anklage gegen die carabineros wegen der Entführung eines Jugendlichen, offenbar haben sich die Hinweise verdichtet. Die mutmaßlichen Täter beteuern ihre Unschuld, wurden allerdings bereits aus dem Polizeidienst entlassen.

Es geht um das Verschwinden eines 17-Jährigen - im September 2005. José Gerardo Huenante war nach Zeugenaussagen in der Nacht mit anderen Jugendlichen um die Häuser gezogen, hatte Alkohol getrunken und auch ein bisschen randaliert. Andere wollen dann gesehen haben, wie er von Polizeioffizieren geschlagen und zu einem Dienstfahrzeug geschleift wurde. Jedenfalls verliert sich anschließend die Spur des ehemaligen Heimkinds, das zuletzt bei Verwandten in Puerto Montt lebte.

Die Staatsanwaltschaft sieht offenbar als gesichert an, dass die drei Polizisten in der betreffenden Nacht am Tatort waren, später die Kilometeranzeige ihres Wagens manipulierten und die Zahl der vorläufig Festgenommen in ihrem Dienstbuch von "2" auf "1" änderten. Erst jetzt, mehr als drei Jahre danach, sollen auf Antrag des Staatsanwalts hin ein Lokaltermin stattfinden und der inzwischen an einen privaten Besitzer übergegangene Dienstwagen kriminaltechnisch untersucht werden.

Unabhängig davon, ob sich der Verdacht erhärtet, verweisen die Ereignisse mal wieder auf den janusköpfigen Charakter der militärisch organisierten Polizei, die einerseits laut Umfragen als eine der glaubwürdigsten Institutionen des Landes gilt, andererseits aber mit großer Brutalität agiert. Einerseits rühmen sich die carabineros, als einzige in Südamerika absolut unbestechlich zu sein (und erklären Ausländern auf ihrer Webseite, dass, wer es trotzdem versucht, mit "umgehendem Freiheitsentzug" rechnen muss), andererseits gehört es zu unseren unangenehmsten Alltagssituationen, mal wieder mit dem Auto in eine Routinekontrolle zu geraten. Zwar belassen es die Polizisten immer bei einem strengen Hinweis auf die gerade begangene Regelverletzung (Abblendlicht am Tag nicht eingeschaltet, Beifahrer nicht angeschnallt, Führerschein zu Hause vergessen usw.), aber es bleibt das ungute Gefühl, dass die Kulanz ganz schnell ein Ende hat, wenn man nicht recht beflissen und gehorsam tut. Und wenn ich die Chilenen en gros für freundliche Menschen halte, muss ich die carabineros davon expizit ausnehmen: Einen der ihren lächeln zu sehen, wäre schon fast eine Pressemeldung wert.

Nicht zuletzt war die Polizei in der Diktatur ein willfähriger Handlanger Pinochets, und auch wenn die allermeisten Kapitalverbrechen von Mitgliedern der Streitkräfte begangen wurden, blieb auch die olivgrüne Weste der carabineros nicht unbefleckt. Beim Fall Huenante fällt einem intuitiv der Caso Degollados ein: 1985 verschleppten Mitglieder des polizeilichen Geheimdienstes Dicomcar drei Kommunisten, folterten sie und ließen sie einen Tag später am Rande einer Straße zurück - enthauptet. Immerhin sorgte der Fall damals für eine solche Empörung, dass die direkten Verantwortlichen ermittelt und zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Die Dicomcar wurde aufgelöst, und Juntamitglied César Mendoza, der Polizeichef, musste zurücktreten.


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