Bis vor ein paar Wochen galt es nicht nur innerhalb der chilenischen Rechten als ausgemacht, dass der Geschäftsmann und Großaktionär Sebastián Piñera (LAN, Chilevision) die Präsidentschaftswahl im Dezember 2009 haushoch gewinnen würde. Die seit fast 20 Jahren regierende christdemokratisch-sozialistische Concertación gilt weiten Kreisen als ausgelaugt, selbstbezogen, wenn nicht gar korrupt. Piñera ist zwar ein Mann, dem Gier und Geltungssucht ins Gesicht geschrieben stehen, aber offenbar gilt für viele die Devise, dass einer, der sowieso im Geld schwimmt, nicht auch noch als Präsident die Bürger bestehlen muss.
Jetzt hat Piñera unverhofft Konkurrenz bekommen - eine, die für ihn mit unguten Erinnerungen behaftet ist. Weil Piñeras Partei Renovación Nacional ihren Verbündeten und ewigen Rivalen, die UDI, in einer wichtigen Personalie düpierte, hat letztere zurückgeschossen und Evelyn Matthei ins Rennen geschickt - wenn auch nicht offiziell. Die blonde Senatorin ist die Tochter des deutschstämmigen Luftwaffengenerals Fernando Matthei, zwischen 1978 und 1990 Mitglied von Pinochets Junta.
Pikant am möglichen Duell Piñera-Matthei ist ihre gemeinsame Geschichte. Im Vorfeld der Wahlen von 1993 waren schon einmal beider Namen im Spiel - bis in einer live übertragenen Talkshow ein heimlich mitgeschnittenes Telefonat Piñeras vorgespielt wurde, in dem dieser erläuterte, wie das Image seiner Kontrahentin nachhaltig zu zerstören sei. Am heftigsten auf die Füße fiel diese Episode schließlich Matthei selbst, die den Auftrag gegeben hatte, Piñeras Mobiltelefon abzuhören. Die Episode ist den meisten Chilenen bis heute als Piñeragate in guter Erinnerung.
Die chilenische Rechte ist für ihre internen Schlammschlachten berüchtigt, das macht sie so sympathisch. Im weiterhin nicht sehr wahrscheinlichen Fall, dass eine Kandidatin Matthei Ende 2009 die Wahl gewinnen sollte, würde die Tochter eines Luftwaffengenerals die Tochter eines Luftwaffengenerals im Präsidentenpalast ablösen. Der andere, Alberto Bachelet, war loyal zu Allende und wurde nach dem Putsch mehrfach verhaftet und gefoltert. Er starb nach einem Verhör im März 1974.
(Hier ein offener Brief, den die Menschenrechtsorganisation Codepu 2006 an Evelyn Matthei adressierte, um sie über die Verwicklung ihres Vaters in die Verbrechen der Diktatur "aufzuklären".)
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