Wir können aufatmen: Chile ist eines der friedlichsten Länder der Welt. Der Global Peace Index (GPI), der seit dem vergangenen Jahr von Friedensexperten und -instituten in Zusammenarbeit mit der Economist Intelligence Unit (EIU) erstellt wird und versucht, die „Friedfertigkeit“ von Staaten zu messen, stuft unsere derzeitige Wahlheimat im Ranking der Nationen auf Platz 19 von 140 ein – Deutschland liegt gerade einmal fünf Plätze weiter oben auf Platz 14. Hätten wir uns für den Wohnort Kolumbien entschieden, müssten wir dagegen mit Rang 130 leben, und noch weiter nördlich, in den USA, ist es mit Platz 97 nicht viel besser. Chile dagegen: ein Paradies.
Die Kriterien, die zur Einstufung der Länder führen, sind hier nachzulesen. An der Zahl schwerer Waffen und der Militärausgaben kann Chiles gutes Abschneiden eigentlich nicht liegen. Dafür liegt die Anzahl der im In- oder Ausland geführten Kriege seit geraumer Zeit bei Null. Insofern steckt eine leise Ironie darin, das die freudige Nachricht ausgerechnet am 21. Mai in Chile eintraf – dem „Tag des Ruhms der Marine“, an dem die gesamte Nation des Seegefechts von Iquique gedenken soll. Geführt wurde die Combate Naval de Iquique im Jahr 1879, im Rahmen des "Pazifik-Kriegs" gegen Peru. Gewonnen hat sie die peruanische Marine. Dass der Veintiuno de Mayo dennoch in Chile zum Nationalfeiertag erklärt wurde, ist dem Heldentod von Arturo Prat Chacón zu verdanken. Der chilenische Admiral starb ihn bei der ungleichen Auseinandersetzung seines Segelschiffes, der Esmeralda, mit dem in Großbritannien gebauten peruanischen Panzerschiff Huáscar. Die Esmeralda wurde dabei versenkt, Prat enterte die Huáscar mit einem patriotischen Spruch auf den Lippen und wurde erschossen. Ein paar Monate später fiel die Huáscar an Chile, das auch den Krieg für sich entschied. Heute ist das Schiff im Hafen von Talcahuano zu besichtigen. Die Stelle, wo Prat starb, ist markiert.
Geht praktisch täglich durch unsere Hände: Don Arturo Prat Chacón auf der 10.000-Peso-Note (ca. 13,50 Euro). Bild oben: Wikipedia.
Angenehm ist, dass trotz Feiertag das Schlachtengedröhn vergangener Tage kaum noch nachhallt – obwohl sich Chile und Peru gerade einmal wieder um Gebietsansprüche streiten. Um die ging es auch in jenem Krieg, der auf deutsch recht zutreffend „Salpeterkrieg“ genannt wird: Chile, Peru und Bolivien stritten sich um die Ausbeutung der reichen Vorkommen des Rohstoffs in der Atacamawüste. Heute hat der Salpeter seine wirtschaftliche Bedeutung längst verloren, und die Nachbarstaaten fechten ihre aktuellen Grenzstreitigkeiten vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag aus.
Im Gegensatz zum Ersten Mai, an dem in diesem Jahr zum ersten Mal der gesamte Einzelhandel (mit Ausnahme von Kleinstbetrieben) per Gesetz geschlossen blieb, ist der 21. Mai ein Feiertag, den man als Außenstehender kaum wahrnimmt. Für die Chilenen ist er heutzutage vor allem von Interesse, weil der Präsident bzw. die Präsidentin an diesem Tag eine Regierungserklärung vor dem Kongress hält. Amtsinhaberin Michelle Bachelet verkündete darin gestern künftige Wohltaten, wie die Aufstockung des Gesundheitsetats oder die Aufhebung der Gebühren für die zentrale Einstufungsprüfung der Universitäten. Auch politische Reformen will Bachelet in den ihr verbleibenden knapp zwei Jahren Regierungszeit vorantreiben, wie das Wahlrecht für im Ausland lebende Chilenen sowie die Aufhebung der Wahlpflicht und des von der Diktatur geerbten „binominalen Wahlsystems“, das kleine Parteien extrem benachteiligt.
Für uns war der Held des gestrigen Tages unser
aus Deutschland eingeführtes Waffeleisen, das – endlich – wieder einmal zum Einsatz kam. Merke: Wer Waffeln backt, führt keine Kriege.
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