Montag, 26. Mai 2008

Zwei Meldungen

Gut: Die chilenischen Justiz hat Verfahren gegen nicht weniger als 98 mutmaßliche Beteiligte an der sogenannten Operación Colombo eröffnet. Der Untersuchungsrichter Víctor Montiglio, der die entsprechenden Haftbefehle erließ, verwies gestern vor der Presse darauf, dass das Verfahren das Ergebnis von "33 Jahren Arbeit der Justizbehörden" sei - wobei sich diese Arbeit während der ersten 15 Jahre, also bis zum Ende der Pinochet-Ära, eher im Verborgenen abgespielt haben dürfte. Bei der Operación Colombo handelte es sich um ein perfide Operation des militärischen Geheimdienstes DINA, mit der der dieser die Ermordung von 119 Oppositionellen im Jahr 1975 auf ausgeklügelte Weise zu verdunkeln versuchte: Unter anderem mithilfe gefälschter ausländischer Presseberichte wurde suggeriert, die Verschwundenen hätten in Argentinien und Brasilien den bewaffenten Kampf gegen die Junta vorbereitet, seien aber von ihren eigenen Gesinnungsgenossen nach internen Führungskämpfen hingerichtet worden. Jetzt werden sich Ex-Offiziere der DINA, aber auch ehemalige Fahrer, Wachen und andere Helfershelfer vor Gericht verantworten müssen.

Schlecht: Montiglios Kollege Juan Eduardo Fuentes hat die Ermittlungen zum Mord an Víctor Jara eingestellt - ohne den Mörder des Sängers ausfindig gemacht zu haben. Dagegen protestierten gestern in Santiago Mitglieder der Víctor-Jara-Stiftung, seine Witwe, die Britin Joan Turner, Freunde und Verehrer des Künstlers, der wenige Tage nach dem Putsch im September 1973 in einem Stadion gefoltert und vor den Augen vieler Mitgefangener erschossen worden war. Die Demonstranten marschierten durch den strömenden Herbstregen zum Gerichtshof und übergaben 20.000 Unterschriften, die eine Wiederaufnahme der Ermittlungen fordern. Das Gericht hatte lediglich den Offizier identifizieren können, der den Befehl zur Ermordung Jaras gegeben hatte, nicht aber den oder die Täter.

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