Samstag, 17. Mai 2008

Rote Karte

Gestern war Internationaler Tag gegen Homophobie. Aus diesem Anlass hat die chilenische Homo-Organisation MovilhMovimiento de Integración y Liberación Homosexual – eine Aufklärungskampagne gestartet. Motto: „Zeig der Diskriminierung die Rote Karte“. Entsprechendes Infomaterial soll ab heute in schwulen, lesbischen, transgender- und sonstigen Lokalitäten verteilt werden.


"Wir wollen, dass Diskriminierungen angezeigt und öffentlich gemacht werden – und zwar nicht aus der Anonymität heraus. Nur wenn wir unser Gesicht zeigen und unsere Namen nennen, können wir etwas verändern", sagt Sandra Pavez, die es wissen muss. Die lesbische Religionslehrerin und Sprecherin von Movilh hat gerade letztinstanzlich einen Prozess gegen die katholische Kirche verloren, die ihr aufgrund ihrer sexuellen Orientierung die Lehrbefugnis für staatliche Schulen entzogen hatte. Das heißt: die Orientierung alleine war dann doch nicht Grund genug. Pavez hatte die Forderung des Bischofs von San Bernardo abgelehnt, fürderhin zölibatär zu leben und sich einer psychiatrischen Behandlung zu unterziehen, wenn sie denn weiter unterrichten wolle.

Auch sonst ist es in Chile noch ein weiter Weg bis zur rechtlichen und gesellschaftlichen Gleichstellung von sexuellen Minderheiten, aber die ersten Schritte sind getan. Immerhin ist der bereits erwähnte Pedro Lemebel, zurzeit einer der profiliertesten Schriftsteller des Landes, eine bekennende Tunte, ein Mittfünfziger, der sich in einer Mischung aus Hausfrauenlook und Femme fatale in der Öffentlichkeit zeigt. Und zurzeit wirbt die private Universität Academia del Humanismo Cristiano um neue Studenten mit ganzseitigen Anzeigen, die gleichgeschlechtliche Paare zeigen – mit dem Slogan En la Academia hay lugar para todos - Puertas abiertas para mentes abiertas. Soll heißen: „An der Akademie ist Platz für alle – Offene Türen für offenes Denken.“

Sicher: Auch in Sachen Homophobie – und „Lesbophobie“, wie man hier sagt – macht nur Stadtluft einigermaßen frei, und die weht ausschließlich in Santiago. In der Provinz haben es die maricones, die tortilleras und wie sie sonst noch abfällig genannt werden, noch besonders schwer. Aber so anders ist das in Deutschland ja auch nicht, allen Diversitätdiskursen zum Trotz. In Berlin, so lese ich, hat der Verein Maneo anlässlich des Homophobie-Tages zu einem „Knutschmarathon“ vor dem Neuköllner Rathaus aufgerufen. Auch dazu gehört immer noch und schon wieder reichlich Mut.

PS: Chiles erste Schwulenzeitschrift heißt übrigens OpusGay.

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