Weil die anhaltende Trockenheit weiter nördlich noch dramatischer ausfällt, und weil Chile den größten Teil seiner Elektrizität mit Wasserkraft produziert, geht seit Wochen das Wort von der crisis energética. Mit größter Sorge werden die Pegel der großen Stauseen beobachtet, an deren Turbinen das Sistema Interconectado Central, das zentralchilenische Hochspannungsnetz, hängt. Zu allem Überfluss brannte es zum Jahreswechsel in einem der größten Dieselkraftwerke des Landes, das daraufhin mehrere Wochen vom Netz ging, und Argentinien schränkte angesichts steigender Nachfrage im eigenen Land seine Gaslieferungen ein.
Auf den Meinungsseiten der Presse bekämpfen sich echte oder vermeintliche Experten, wie dem Dilemma zu entkommen wäre – mit erneuerbaren Energien, mit Megaprojekten wie dem geplanten und höchst umstrittenen Bau riesiger Staudämme in Patagonien, oder gar mit dem Einstieg in die Atomkraft. Ausgerechnet Ex-Präsident Ricardo Lagos, seit dem vergangenen Jahr UN-Sondergesandter für den Klimawandel, betonte kürzlich auf einem Symposium, das Land müsse sich „die nukleare Option offenhalten“.
In unserem Alltag könnte die Energiekrise schon in absehbarer Zeit zu Stromabschaltungen führen. Damit das nicht passiert, hat sich die Regierung zusammen mit den Energieerzeugern eine Sparkampagne ausgedacht. Ahorra ahora, heißt es in ganzseitigen Zeitungsanzeigen und Fernsehspots: spare jetzt. Die angebotenen Rezepte sind uns teils mehr (Glühbirnen gegen Energiesparlampen austauschen), teils weniger vertraut (Wäsche mit kaltem Wasser waschen, den Kühlschrank nicht so häufig öffnen und das Gefrierfach gut füllen, um Kälte zu speichern). Unternehmen wie die Supermarktkette Jumbo nutzen die Krise zu Werbezwecken, schalten tagsüber ein paar Lampen aus und loben sich dafür in den höchsten Tönen.
Typische Probleme eines Entwicklungslandes eben, denkt sich der Beobachter – von wegen.
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