Donnerstag, 19. Juni 2008

Obacht mit dem Ofen

Der Winter gehört im Süden Chiles zu den gefährlichsten Jahreszeiten. Nicht wegen Lawinen oder Straßenglätte: Die Holzöfen, die 80 Prozent der Haushalte leidlich beheizen, sind ein permanentes Risiko. Die Feuerwehr von Puerto Montt hat jedenfalls gut zu tun: Im Mai waren die bomberos durchschnittlich zweimal am Tag unterwegs, um Kaminbrände zu bekämpfen, manchmal stand auch schon der Dachstuhl in Flammen. Bei einem Kaminbrand entzündet sich der sogenannte Glanzruß im Rohr, ein Produkt unvollständiger Verbrennung, das umso üppiger ausfällt, je feuchter das Brennholz ist. Weil feuchtes Holz billiges Holz ist und der Schornsteinfeger nicht für umsonst arbeitet, brennen zuerst die Häuser der Armen. Aber auch bei uns rieselt und raschelt es trotz emissionsarmer Holzbriketts bereits vernehmlich, wenn sich das Ofenrohr nach dem Anfeuern ausdehnt und innen die schwarz glänzenden Partikel abplatzen. Höchste Zeit, diese Männer zu rufen:


Gut zu tun haben auch die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Verbrennungen kommen ständig vor, vor allem an sehr kalten Tagen, wenn der Ofen praktisch glühen muss, um in den dünnwandigen Häusern eine erträgliche Temperatur herzustellen. Auch J. hat sich bereits eine oberflächliche Brandwunde am Arm zugezogen, die nach einer Sekundärinfektion ärztlich versorgt werden musste. Dreimal waren wir in der Klinik, um den Verband zu wechseln. Als wir beim letzten Mal bezahlten, kam schon wieder ein panischer Vater hereingestürmt, auf dem Arm ein Mädchen mit einer frischen, nässenden Verbrennung. So geht das immer weiter, mindestens bis November.

Noch unheimlicher sind freilich die Kohlenmonoxid-Vergiftungen durch defekte Öfen, an denen regelmäßig Menschen zu Tode kommen. Selbst superreichen Prominenten kann das geruchlose Gas böse zusetzen: Cecilia Bolocco, Chiles erste und einzige Miss Universum und Noch-Gattin des argentinischen Ex-Präsidenten Carlos Menem, wurde am vergangenen Wochenende zusammen mit Máximo Menem, ihrem vierjährigen Sohn, in ein Krankenhaus eingeliefert, weil beide bei der Übernachtung im exklusiven Skizentrum La Parva eine CO-Vergiftung erlitten hatten. Schuld war auch hier offenbar ein schlecht gewarteter Ofen.

Wer mag, darf sich trotzdem zum Tagesausklang an unserem fröhlich flackernden Feuer wärmen:




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